Navigieren Sie mit uns durch die Rechtslage. Wir haben für Sie das Wichtigste zum Thema Pop-Up-Radfahrstreifen zusammengetragen.
Ein Beitrag über die Mobilität von Morgen von Winfried Müller-Brandes.
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Überblick
Pop-Up-Radfahrstreifen
Während der gegenwärtigen Pandemie wurden, zum Beispiel in Berlin, mit sehr kurzer Planungsfrist Radfahrstreifen provisorisch hergestellt. Inzwischen liegen juristische Gutachten und Rechtsprechung dazu vor, und die Erfahrungen lassen sich auf andere Vorhaben übertragen. Wir haben für Sie kurz das wichtigste zum Thema zusammengetragen.
Was ist ein Pop-Up-Radfahrstreifen?
Für Pop-Up-Radfahrstreifen ist eine sehr kurze Planungs- und Realisierungsphase kennzeichnend. Die Umsetzung erfolgt häufig mit provisorischen Maßnahmen wie gelber Markierungsfolie und mobiler Beschilderung, oft einschließlich Baken. Dies hat den Vorteil, dass die vorhandene Markierung (zunächst) nicht entfernt werden muss.
Der Pop-Up-Radfahrstreifen kann als Erprobungsmaßnahme angeordnet werden, um beispielsweise zu prüfen, ob damit ein Unfallschwerpunkt entschärft werden kann. Er kann aber auch von vornherein auf Dauer angelegt sein. Dann dient die provisorische Herstellung z. B. der schnellen Bildung eines hochwertigen Radverkehrsnetzes, und die Dauermarkierung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.
Welche Voraussetzungen sind erforderlich?
Auch Pop-Up-Radfahrstreifen stellen Verkehrszeichen dar und müssen von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde nach §45 StVO angeordnet werden. Nach der jüngsten StVO-Novelle ist es für den Straßenbaulastträger ausreichend, hierfür eine „einfache Gefahrenlage“ nachzuweisen. Dafür ist aufzuzeigen, dass in der konkreten Situation mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Gefahr entstehen kann, die zu Schadensfällen führt.
Anhaltspunkte können beispielsweise sein: Die Überschreitung von Schwellenwerten, die in einschlägigen Richtlinien (insbesondere der ERA) verzeichnet sind, z. B. hinsichtlich Verkehrsmengen, Schwerlastverkehr sowie örtliche Verhältnisse wie Gefälle, Sichthindernisse u. a. m. Darüber hinaus sind selbstverständlich auch Unfallhäufungen wichtige Argumente, die jedoch hier nicht unbedingt herangezogen werden müssen.
Worauf sollte sich die Argumentation stützen?
Auch die Begründung der einfachen Gefahrenlage muss auf Tatsachen basieren, die sich auf die konkrete Örtlichkeit beziehen. Diese „Tatsachenbasis“ kann durch Verkehrszählungen, Konfliktbeobachtungen, Geschwindigkeitsmessungen, Auswerten der Unfallstatistik usw. geschaffen werden. Die Daten müssen vom Antragsteller selber bzw. durch qualifizierte Erfüllungsgehilfen erhoben werden. Eine Bezugnahme auf Hinweise von Bürger*innen, Presseberichte, politische Willensbekundungen oder dergleichen ist nicht ausreichend.
Da die Straßenverkehrsbehörde pflichtgemäßes Ermessen ausübt, ist es hilfreich, im Antrag nicht nur darzulegen, welchem Problem mit der Pop-Up-Maßnahme abgeholfen werden soll, sondern auch warum diese Maßnahme dafür geeignet ist und als angemessen (verhältnismäßig) gelten kann. Das heißt, auch mögliche Wechselwirkungen mit den Belangen anderer am Verkehr Teilnehmenden sollten bereits im Antrag aufgezeigt und bewertet werden. Optimal ist es, wenn bereits zustimmende Stellungnahmen von potenziell Betroffenen vorliegen. Das Abwägungsgewicht der Maßnahme kann auch durch Bezugnahme auf Landesgesetze (z. B. Berliner Mobilitätsgesetz) oder verbindliche Planwerke erhöht werden.
Was geht noch?
Im Grundsatz lassen sich die Erfahrungen mit Pop-Up-Radwegen auf andere verkehrsrechtliche Maßnahmen übertragen, die zunächst provisorisch hergestellt werden sollen. Es muss aber sichergestellt sein, dass die Verfahren für Planung und Vergabe ausreichend gestrafft sind – sonst läuft der Effekt der vereinfachten Begründung von Maßnahmen ins Leere.
Jedoch ist bei jedem Vorhaben zu prüfen, ob tatsächlich nur eine einfache (wie bei Radfahrstreifen) oder doch eine qualifizierte Gefahrenlage nachzuweisen ist (hierzu im Einzelnen § 45 Abs. 9 StVO). Wenn die provisorische Herrichtung einem Verkehrsversuch dient, ist generell die einfache Gefahrenlage zunächst ausreichend. Da die Maßnahme, die im Versuch erprobt wird, auf Dauer gerichtet sein muss, ist dennoch spätestens am Ende des Versuchs die qualifizierte Gefahrenlage nachzuweisen (wenn dies für die jeweilige Maßnahme erforderlich ist). Daher sollte insbesondere bei versuchsweisen Maßnahmen, die der Verkehrsberuhigung dienen, geprüft werden, ob ein straßenrechtliches Vorgehen (Teileinziehung) – ggf. auf Teilflächen – nicht den direkteren Weg darstellen würde und einer verkehrsrechtlichen Maßnahme vorzuziehen wäre.
Fazit
Spielraum für schnelles Handeln nutzen
Die jüngste StVO-Novelle bietet für Radfahrstreifen, aber auch andere Maßnahmen sowie für Verkehrsversuche die Möglichkeit einer vereinfachten Begründung. Die Vorbereitung einer guten, rechtssicheren Begründung muss nicht zeitraubend sein, und bei gestrafften Verfahren für Planung und Vergabe lassen sich schnell spürbare Effekte erzielen, insbesondere für den Radverkehr.
Unser Team aus hochqualifizierten Stadt- und Verkehrsplanenden unterstützt Sie gerne bei der Einrichtung temporärer Radfahrstreifen. Melden Sie sich bei stadtplanung@stadtraum.com oder rufen Sie uns gerne unter 030 556 75 111 an.